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Freispruch im Wehrhahnverfahren rechtskräftig

Der Rohr­bom­ben-An­schlag auf eine Grup­pe aus­län­di­scher Sprach­schü­ler vom Som­mer 2000 wird wo­mög­lich nicht mehr auf­ge­klärt. Je­den­falls ist der An­ge­klag­te, ein rechts­ra­di­kal ein­ge­stell­ter ehe­ma­li­ger Be­rufs­sol­dat, der In­ha­ber einer un­weit des Ex­plo­si­ons­ge­sche­hens in Düs­sel­dorf ge­le­ge­nen Mi­li­ta­ria­hand­lung war, nun rechts­kräf­tig frei­ge­spro­chen. Der Bun­des­ge­richts­hof be­stä­tig­te das ent­spre­chen­de Ur­teil des Land­ge­richts Düs­sel­dorf am 14.01.2021 als rechts­feh­ler­frei.

Meh­re­re Sprach­schü­ler teil­wei­se le­bens­ge­fähr­lich ver­letzt
Nach den vom LG ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen wurde am 27.07.2000 im Be­reich des S-Bahn­hofs Düs­sel­dorf-Wehr­hahn auf der Rück­sei­te des zu den Glei­sen ge­le­ge­nen Ge­län­ders einer Fu­ß­gän­ger­brü­cke eine mit dem Spreng­stoff TNT be­füll­te Rohr­bom­be zur Ex­plo­si­on ge­bracht. Zum Zeit­punkt der Ex­plo­si­on be­fand sich auf der Fu­ß­gän­ger­brü­cke eine Grup­pe aus Russ­land, der Ukrai­ne und Aser­bai­dschan stam­men­der Per­so­nen – davon vier jü­di­scher Ab­stam­mung –, die zuvor eine an­lie­gen­de Sprach­schu­le be­sucht hatte. Zehn die­ser Per­so­nen wur­den von den durch die Spren­gung aus­ge­lös­ten Split­tern ver­letzt, teil­wei­se le­bens­ge­fähr­lich. Eine im sechs­ten Monat schwan­ge­re Ge­schä­dig­te ver­lor ihr Kind.
Be­tei­li­gung an An­schlag nicht nach­ge­wie­sen
Der rechts­ra­di­kal ein­ge­stell­te An­ge­klag­te ge­riet schnell in Ver­dacht. Er wohn­te nicht nur in der Nähe des Tat­or­tes, son­dern hatte auch einen Mi­li­ta­ri­aladen, der di­rekt ge­gen­über der Sprach­schu­le lag. 2002 muss­te die Staats­an­walt­schaft das Ver­fah­ren den­noch ein­stel­len. Erst als ein frü­he­rer Mit­häft­ling Jahre spä­ter be­haup­te­te, der Mann habe ihm die Tat ge­stan­den, wur­den die Er­mitt­lun­gen wie­der auf­ge­nom­men. Klar ist laut LG, dass sich der An­ge­klag­te zum Tat­zeit­punkt in der Nähe des Tat­orts be­fand. Dass er die Ex­plo­si­on aus­ge­löst hatte oder in sons­ti­ger Weise an dem An­schlag be­tei­ligt war, hatte das LG indes nach sechs­mo­na­ti­ger Haupt­ver­hand­lung nicht fest­stel­len kön­nen.
Staats­an­walt­schaft be­män­gel­te Be­weis­wür­di­gung
Gegen das Ur­teil hatte die Staats­an­walt­schaft Re­vi­si­on ein­ge­legt und mit die­ser ins­be­son­de­re die Be­weis­wür­di­gung des LG an­ge­grif­fen. Die hier­auf ver­an­lass­te Über­prü­fung des Ur­teils durch den BGH ergab aber kei­nen Rechts­feh­ler. Das Ur­teil des LG ist somit rechts­kräf­tig. Der Frei­spruch sei auf rund 100 Sei­ten rechts­feh­ler­frei be­grün­det, sagte der Vor­sit­zen­de BGH-Rich­ter Jür­gen Schä­fer bei der Ur­teils­ver­kün­dung. Die Be­weis­wür­di­gung sei grund­sätz­lich Sache des Ta­trich­ters und vom Re­vi­si­ons­ge­richt im Er­geb­nis hin­zu­neh­men – selbst in Fäl­len, in denen ein an­de­rer Schluss näher ge­le­gen hätte. Damit steht dem An­ge­klag­ten nun auch eine Ent­schä­di­gung zu. Dass die Re­vi­si­on nicht allzu aus­sichts­reich sein dürf­te, hatte sich be­reits in der Ver­hand­lung Ende No­vem­ber ab­ge­zeich­net. Da­mals hatte nicht nur die Ver­tei­di­gung dafür plä­diert, den Frei­spruch zu be­stä­ti­gen, son­dern auch die Bun­des­an­walt­schaft.

zu BGH, Urteil vom 14.01.2021 – 3 StR 124/20

Redaktion beck-aktuell, 14. Jan 2021 (ergänzt durch Material der dpa).